Keimarmut
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Wieso ist aber das Schwarzwasser besonders bakterienarm? Aufgrund ihrer Physiologie sind viele Bakterien nur dann in der Lage, optimal zu wachsen, wenn der pH im Umgebungsmedium innerhalb gewisser Grenzen optimal eingestellt ist. Der optimale pH für viele Bakterien befindet sich im leicht alkalischen Bereich von pH 7,2 bis 7,8 (Schlegel 1992). Bakterien wachsen auch dann besonders gut, wenn im umgebenden Milieu genügend Ionen und organische Stoffe für den Aufbau von Körpersubstanz vorliegen. Kurz, ein organisch verschmutztes, leicht alkalisches, mittelhartes Leitungswasser mit dauernd zugeführten organischen Nährstoffen und Ionen (aus dem Fischfutter und der Mineralisation von Abfallstoffen) stellt ein optimales Siedlungssubstrat für viele Bakterien dar.
Viele Huminsäuren besitzen hingegen für Bakterien wachstumshemmende Eigenschaften. Bakterien wachsen besonders schlecht in stark mit Huminsäuren angereicherten, sehr weichen und sauren Gewässern. Es liegen also im Schwarzwasser gerade die umgekehrten Verhältnisse zu „normalem“ Aquarienwasser vor. Nitrat findet sich etwa im Schwarzwasser Amazoniens nur in Konzentrationen von 35 µg l-1, Phosphat im Bereich von rund 6 µg l-1, also bis zum Faktor 1000 weniger als in Aquarien (Willmer et al. 2005). Schwarzwasser besitzt demnach alle Voraussetzungen, um darin siedelnden Bakterien ein extrem ungünstiges Milieu zur Verfügung zu stellen. Für Bakterien stellt die Zusammensetzung des Schwarzwassers also einen deutlichen Nachteil dar. Diese Erkenntnis ist aber nicht neu, sondern wurde schon von Geisler vor über 50 Jahren, damals leider ohne An-gabe von Zitaten, zur Diskussion gestellt (Geisler 1954).