Ein Aquarium für Faule?

cheraxfan2

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Hi,
so könnte man es nennen. Tatsächlich geht es aber um die rote Hawaiigarnele (Halocaridina rubra) hawaiianisch "Opae Ula", im Aquarienjargon kurz Ulas genannt. Diese Brackwassergarnele ist auf Hawaii endemisch und kommt nur dort in sog. "Ponds" vor, das sind abgeteilte Brackwassertümpel im Lavagestein, die unterirdisch eine Verbindung zum Meer haben, weitere Populationen sollen in Karsthöhlen leben. Eine der Besonderheiten dieser Garnele ist, das sie uralt werden, bis zu 25 Jahre für so einen Winzling ist erstaunlich. Als Brackwasserbewohner haben sie einen weiten Salinitätsbereich in dem sie existieren können, im Labor wurde von Süsswasser bis zum doppelten Salzgehalt von Meerwasser alles vertragen. So extrem wollen wir das nicht, als Mittelwert kann man eine Dichte von 1.010 verwenden und durch Verdunstung und wieder auffüllen Dichteschwankungen zwischen 1.008 und 1.014 schaffen, dies entspricht in etwa den natürlichen Bedingungen. Temperaturen wie sie ohne Heizung in Wohnräumen vorhanden sind passen, auch im jahreszeitlichen Wechsel.
Die Haltung von Ulas unterscheidet sich von allen anderen Haltungsformen in der Aquaristik grundlegend. Es sind meist kleine Behälter von 5-15 L Inhalt, Ohne Filter, Belüftung, Heizung oder sonstige Technik, klassisch stehen diese auf der Fensterbank und brauchen dann auch keine Beleuchtung. Als Einrichtung gibt es nur 1-2 cm Korallensand als Bodengrund und Lavagestein. Es wurde bisher keine Pflanze gefunden, die dauerhaft unter den speziellen Brackwasserbedingungen der Ulas leben kann. Auf Hawaii gibt es in den Ponds eine grasähnliche Pflanze, deren Ernte, Handel und Ausfuhr aber streng verboten sind.
Wasserwechsel werden auch nicht gemacht, wenn dann kann man 1-mal im Jahr ein paar Liter austauschen. Ob man die Behälter abdeckt oder nicht ist Geschmacksache, abgedeckt verdunstet weniger Wasser.
Eine weitere Besonderheit der Ulas ist, daß man sie nicht füttern kann, darf und muß. Die Becken werden eingerichtet, eingefahren und die Ulas leben dann von den sich bildenden Algen. Angefangen von meinem Garnelenfutter, über alle möglichen Insekten, zerquetschte Schnecken, Grünzeug, Laub, Wasserlinsen, was man sich nur denken kann habe ich ausprobiert um den Ulas zusätzliches Futter zukommen zu lassen, es wird nicht beachtet auch nicht angeschaut, es existiert nicht. Jede Futterzugabe ist nur eine Wasserverschmutzung.
Der Dichtebereich in dem Ulas leben, liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen Süsswasser und dem offenen Ozean. Für Pflanzen und Organismen aus dem Meer ist das Wasser zu süß, für Süsswasserorganismen ist es zu salzig. Lediglich die altbekannte malaiische Turmdeckelschnecke (Melanoides tuberculata) kann sich diesem Wasser anpassen und lebt bei mir seit mehreren Generationen bei den Ulas. Sicherlich ließen sich auch Brackwasser-Einsiedlerkrebse unter diesen Bedingungen halten, die müsste man jedoch füttern, das wiederum kollidiert mit den Erfordernissen der Ulas.
vase.jpgvase2.jpgIMGP1418-1.jpg
So sehen typische Ula-Vasen aus, die linke fasst 4,5 Liter, die mittlere 15 L, die Bilder sind so ca. 2 Jahre alt, die große Vase war gerade am Einlaufen und ich habe noch ab und zu eine Pflanze probiert. Süsswassertang hielt fast ein halbes Jahr, Javafarn 2-3 Monate, bei Wasserlinsen dachte ich es klappt, tja dachte ich :D
Das ganze hat die Ulas aber nicht befriedigt, es gab zwar keine Verluste aber auch keine Vermehrung. Deswegen läuft nun doch ein Becken ein.
be.jpg
45 L, Kunstlicht. Eine Vase ohne irgendeine Form von Wasserbewegung habe ich mit aller Selbstbeherrschung gerade noch hingekriegt, dieses Becken hat einen kleinen Luftperlenantrieb, wer genau hinschaut sieht über dem Steinhaufen ein Luftperlenkette aufsteigen. Das ist nur ein Schlauch der ganz minimal 5-10 Perlen/sek abgibt. Es gibt einfach keine Gewässer ohne die kleinste Strömung, basta. Man muß da vorsichtig sein, Ulas haben sehr kleine Schwimmlarven die erst nach mehreren Häutungen zum Bodenleben übergehen.
Dieses Becken muß nun eine Weile einlaufen, gewünscht wäre ein schöner kurzer, grüner Algenbelag auf den Steinen, schau mer mal.
Füttern darf man nicht, Putzen darf man nicht, Wasserwechsel darf man fast nicht, Gärtnern kann man nicht. Also doch ein Aquarium für Faule? Jedenfalls eines das man getrost für einige Wochen im Jahr vergessen kann.
 
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Magic_Fish

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Hallo Hans,

hab schonmal von denen gehört und mich schon immer gefragt warum keiner ein cooles Biotopaquarium für die einrichtet. Deswegen bin ich richtig gespannt welche Erfahrungen du mit dem größeren Becken machst.

Solche „Exoten“ finde ich sehr spannend zu beobachten. Wenn man nicht viel Arbeit mit ihnen hat, umso besser. :)

LG Marie
 

BeowulfAgate

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Und ich wollte nach meinem Like noch schreiben, wär was für unseren Fritz, da kam aber schon die Antwort, also los Fritz, Zeit für noch ein kleines ohne Arbeit ;)
 

DaniJeep

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Das ist ja interessant! Sind das die Garnelen, die sich auch in diesen Eco Sphere Becken befinden? Die füttert man ja auch nicht und wechselt kein Wasser.
Tolles Projekt, da guck ich gerne wieder rein!
 

Fritz5

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Das war die einzige Ausrede, die ich gelten gelassen hätte Hans :)

Norbert: man ist immer nur so alt wie man sich anfühlt… (Stromberg)
 

cheraxfan2

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Sind das die Garnelen, die sich auch in diesen Eco Sphere Becken befinden?
Ja, das ist diese Art. Die Eco Speren würden sogar funktionieren, wenn sie nicht so klein wären. Wenn das Teil 3-4 Liter hätte und auch mal zu öffnen wäre ohne alles auf den Kopf zu drehen, würde es am richtigen Standort funktionieren. So wie sie sind, überleben die Garnelen nur kurzfristig, weil sie bockelhart im Nehmen sind. Diese Tiere können 25 Jahre alt werden. Es gibt Stämme und Becken die bereits von 2 Generationen weiter gegeben wurden, also jetzt von der 3. Generation gepflegt werden.
 

May

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Hallo Hans,

kann man das nicht ,,beschleunigen"? Oder liegt das am Brackwasser?

Gruß Astrid
 

cheraxfan2

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Was will man da beschleunigen, keine Pumpe, kein Filter, das dauert so lange es dauert. Ich glaube nicht an Wunder. Die vorherigen Becken (Vasen) haben länger gedauert, da war allerdings auch nicht mal ein Luftperler dran. Da hat sich das Wasser alle paar Tage umgeschichtet, man konnte Ringe sehen. Dann hat sich Leben "entwickelt" (Copepdoden) und ist wieder verschwunden. Den Ulas ist es ziemlich egal, ob sie im neuen Becken sind oder noch im Alten.
 
G

Gelöschtes Mitglied 45885

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Hey Hans,

Es wurde bisher keine Pflanze gefunden, die dauerhaft unter den speziellen Brackwasserbedingungen der Ulas leben kann.

Samolus valerandi? Die könnte funktionieren. Würde ich in einem Gefäß über 2 Wochen auf das Wasser langsam angewöhnen.
 

cheraxfan2

Mitglied
Samolus valerandi? Die könnte funktionieren.
Wir können das ja mal weiter spinnen. Angenommen sie packt das dauernde submerse Leben in diesem Brackwasser, dann ist sie auch ein Kandidat für CO2 Düngung. Hat man die erst braucht man auch andere Dünger und ruckzuck wird eines der einfachsten Dinge kompliziert. Weil die Garnelen brauchen keine Pflanzen und um die soll es gehen.
Würde ich in einem Gefäß über 2 Wochen auf das Wasser langsam angewöhnen
Das habe ich mit einem halben Dutzend potentieller Kandidaten sogar noch viel länger probiert und den Salzgehalt nur durch Verdunstung immer weiter ansteigen lassen. Bis 1.008 machen noch ein paar mit, dann ist Schluß. Mit diesem Salzgehalt kämen die Ulas wahrscheinlich lange Zeit klar, es wäre aber ein fauler Kompromiss und für mich die Quadratur des Kreises.
 
G

Gelöschtes Mitglied 45885

Guest
...ich wollte eigentlich nur auf die von mir zitierte Aussage reagieren. Ich dachte mir wenn sie nicht gefunden wurde, wurde sie zumindest gesucht, sonst könnte man die ja nicht nicht finden. :D

Falsch gedacht. :cool:
 
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