Filteraufbau/Pumpe

Hallo,

ich habe ein paar Anfänger-Fragen zu Filtern. Ich habe einige grundsätzliche Infos zu Filtertechniken gelesen aber die praktischen Zusammenhänge sind mir noch nicht klar. Ich habe ein Juwel Rekord 600 Komplettset, die Pumpe leistet laut Datenblatt max. 300l/h (300 l, so ein kleines Ding???) Der Filter besteht aus mehreren Lagen, in Flussrichtung:

1. Dünne feine Polyirgendwas-Matte (ständig zu, kaum zu reinigen, wohl Wegwerfartikel)
2. Sehr grober schwarzer Kohlefilter
3. Mittelfeiner grüner Schwamm (der soll angeblich Nitrat reduzieren?)
4. Feiner blauer Schwamm.

Fragen:
Ist der Kohlefilter überhaupt notwendig?
Ist der Nitratreduzierer überhaupt notwendig?
Falls 2x nein: Kann ich das einfach so lassen oder sollte ich die Dinger rausnehmen und durch "normale" Schwämme ersetzen?
Muss ich die Schwämme wirklich regelmäßig ersetzen wie es der Hersteller verlangt? Die Filterarbeit wird doch letztlich von Bakterien auf deren Oberflächen erledigt oder nicht? (Never change a winnig team.)

Die Bonusfrage:
Der Pumpenzulauf hat zwei Ansaugöffnungen, einmal auf halber Höhe (der grüne mittlere Schwamm) und einmal unten (der blaue feine Schwamm). Muss das Wasser nicht generell durch den kompletten Filter gezogen werden? Ich vermute, dass zum Filterende durch den Widerstand der Schwämme das wenigste Wasser angesaugt wird. Der größte Teil dürfte nur bis zum mittleren (grünen) Filter kommen.

Ich will nicht behaupten ich sei schlauer als der Hersteller aber das kommt mir doch irgenwie merkwürdig vor.


VG,
Andreas
 

mausilibaer

Moderator
Teammitglied
Hi,

den Kohlefilter braucht man nur um kurzzeitig Medikamente herauszufiltern. Also raus damit.

Der Nitratfilter ist eigentlich ein stinknormaler Filterwürfel. Angeblich soll er ein bisserl Nitrat herausfiltern (wie weiß wohl Juwel selber nicht) und das soll auch nur eine sehr begrenzte Zeit lang funktionieren. Also drinlassen und als normalen Filterwürfel benutzen.

Austauschen braucht man die Schwämme eigentlich nie. Auch nach jahrelangem Ausdrücken und Auswaschen sind die Dinger voll brauchbar, d.h. da zerlegt oder verformt sich nichts. Der Hersteller würde allerdings trotzdem gerne hin und wieder mal einen Schwamm verticken und deshalb auch der Vorschlag von Juwel.

Die Einlauföffnung für die Pumpe ist der obere vordere Gitterbereich, der untere seitliche ist die Wasserzufuhr für den Heizstab.
 
mausilibaer schrieb:
Die Einlauföffnung für die Pumpe ist der obere vordere Gitterbereich, der untere seitliche ist die Wasserzufuhr für den Heizstab.
Nein, ich meine nicht die äußeren vergitterten Gehäuseöffnungen sondern das interne Ansaugrohr auf dem die Pumpe aufgesteckt wird. Der saugt am Filter an besagten zwei Stellen. Wenn du so einen Filter hast nimm mal die Pumpe ab und schau mit ner Taschenlampe rein.


Andreas
 
Den Kohlefilter habe ich entfernt, der Rest bleibt so wie er ist.

Die Bonusfrage hat sich vermutlich erledigt. Nach reichlich Googelei verstehe ich nun auch den Flyer des Herstellers und komme ich zu folgendem Ergebnis:

Jeder Filter arbeitet unabhängig von Aufbau oder Medium (Innen vs. aussen, Schaumstoff vs. Ton, X vs. Y ...) grundsätzlich im aeroben Bereich. Zum Abbau von Nitrat kann es aber sinnvoll sein, zusätzlich einen anaeroben Filter zu betreiben. Sind die Nitratwerte okay, ist der anaerobe Filter überflüssig.

(Ist das richtig ???)

Die Pumpe dieses Filters zieht AFAIS den größten Teil des Wassers direkt aus dem ersten und damit aeroben Teil des Filters (grüner Schaumstoff) seitlich heraus und pumpt zurück ins Becken.

Die weiter unten liegende zweite Ansaugöffnung zieht aus dem unteren anaeroben Teil (sprich: blauer Schaumstoff).

Anaerob wird der zweite Teil, weil zum einen im ersten Teil schon reichlich Sauerstoff verbraucht wurde. Zum anderen aber auch, weil durch den Widerstand auf dem langen Weg durch den blauen Teil die Fließgeschwindigkeit nochmal langsamer bzw. der "Saugwiderstand" an der zweiten Ansaugöffnung größer wird. Bis das Wasser an der unteren Ansaugöffnung angekommen ist, ist der Sauerstoff alle.

Bei dem Aufbau heisst das aber auch, dass nicht das komplette, sondern immer nur ein Teil des Wassers anaerob behandelt wird.

Am unteren Ende des blauen Schaumstoffs konnte ich eine dunkle, etwas strenger riechende Stelle feststellen. Möglicherweise herrschen dort schon anaerobe Bedingungen. Damit das auch so bleibt, werde ich das Ding solange das Wasser okay ist auch nicht mehr auseinander nehmen.

Zusammen mit dem Schadstoff filternden Kohlefilter der zum Set gehörte scheint das also ein Rundum-Sorglos-Paket für Anfänger zu sein, auf alle Eventualitäten (Schadstoffe, Nitrat) vorbereitet.

Oder?

HAND,
Andreas

(Für manchen mag diese Erkenntnis banal sein aber ich verstehe gern Dinge die ich benutze. Dingen die ich nicht verstehe, vertraue ich nicht gern)
 
Auf allen Filtermedien bildet sich ein Biofilm, der aus mehreren extrem dünnen Schichten besteht.
Hierbei sind die oberen aerob, die unteren anaerob. Das findet im Filter, aber auch auf allen Gegenständen und Planzen im Aquarium statt.
Es geht dabei nicht vorrangig um besser oder schlechter durchströmte Bereiche im Filter, eher im Filtermedium. Die bakteriell Denitrifikation wird gefördert, wenn die Bakterien auf geeigneten organischen Kohlenstoffverbindungen, die als Nahrung dienen, siedeln.

Der Filter funktioniert nur deshalb besonders gut, weil seine Medien eine besonders große Besiedlungs-Oberfläche haben.
Z. B. Filterschwamm oder auch Siporax (Markenname für das Sinterglas von Sera).

Die feine Struktur sorg auch für eine unterschiedliche Umströmung innerhalb des Filtermediums.
 
Oldie schrieb:
Auf allen Filtermedien bildet sich ein Biofilm, der aus mehreren extrem dünnen Schichten besteht.
Hierbei sind die oberen aerob, die unteren anaerob. Das findet im Filter, aber auch auf allen Gegenständen und Planzen im Aquarium statt.
Das heisst, in jedem Filter gibt es eine anaerobe Zone, die entweder mit Kniffen wie der beschriebenen verlangsamten Durchströmung bei meinem kleinen Filter oder halt am Ende eines entsprechend groß dimensionierten Filters erreicht wird? Oder gibt es in der Praxis auch rein aerobe Filter?

Andreas
 

Starmbi

Mitglied
Hallo,
Ja, anaerobe Bereiche gibt es in jedem Filter, aber die Wirkung ist zu vernachlässigen.
Google mal nach "Wodka-Filter".
Ansonsten kannst Du auch einen Langsamfilter benutzen: 10-faches Filtervolumen eines normalen Filters und 1/10 der Durchströmung.

Aber Nitrat ist nicht so schlimm und mit Wasserwechseln auch gut in den Griff zu bekommen, da würde ich mir keinen Kopf machen.
Bei einem guten Fisch/Pflanzenverhältnis hast Du eh keine Probleme damit.
Mein Becken ist stark bepflanzt und hat notorischen Nitrat-Mangel.

Gruß
Stefan
 
AME schrieb:
Das heisst, in jedem Filter gibt es eine anaerobe Zone, die entweder mit Kniffen wie der beschriebenen verlangsamten Durchströmung bei meinem kleinen Filter oder halt am Ende eines entsprechend groß dimensionierten Filters erreicht wird? Oder gibt es in der Praxis auch rein aerobe Filter?

Andreas
Nein :D
Es gibt auf allen Flächen diesen Biofilm. Der ist so dünn wie die Kahmhaut, nur Bruchteile eines Millimeters. Dennoch besteht er aus mehreren Schichten.
Die unteren seinen Schichten, seiner Zellegen, werden durch die oberen von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten und enthalten daher die anaeroben Bakterien.

Was gebraucht wird um ausreichend Siedlungsraum für die Bakterien des Biofilms zu haben ist ausreichen Besiedlungsfläche.

Auf den glatten Scheiben ist natürlich viel weniger Fläche als auf den Strukturen der Filterschwämme. Bedingt durch die vielen Hohlräume. Bei Sinterglas ist das dann nochmal ein Vielfaches.
Wo sich diese Flächen im Aquarium oder im Filter befinden ist fast egal, nur sollten sie auch von ausreichend Wasser durchströmt werden.
 
Oookay, ich glaube ich verstehe allmählich.

Der Filter soll eine ausreichend große Oberfläche für die Besiedlung mit abbauenden Organismen bieten. Das Substrat an sich hat keine aktive Funktion aber ggf. physikalische Vorteile (Strömung u.a.). Mit unterschiedlichen Materialien (Schaumstoff vs. Sinterglas) lässt sich lediglich in einem gegeben Behältervolumen eine größere innere Oberfläche erzielen.

Eine anaerobe Zone ist in jedem Fall vorhanden, bei Bedarf (z.B. zuviel Nitrat bei bestimmten Becken) kann man ihre Wirkung durch Maßnahmen wie noch größere Oberfläche oder langsamere Strömung fördern. Heisst aber auch umgekehrt, viel hilft nicht viel. Das benötigte Nitrat als Pflanzenfutter kann bei zu großer Dimensionierung unnötigerweise abgebaut werden.

Filter und Becken müssen sich in einer Art biologischem Gleichgewicht befinden.

Ein Tausch des Filtersubstrats wie von der Industrie empfohlen ist demnach sogar kontraproduktiv solange das Substrat nicht unrettbar verstopft, verrottet o.ä. ist. (In diesem Fall könnte sich sogar ein Austausch in zwei Stufen anbieten, damit das neue Substrat vom alten angeimpft wird oder?)

Eine vorgeschaltete Filtermatte entfernt nur grobe Partikel um ein Verstopfen zu verhindern. Spezielle Materialien wie Aktivkohle bzw. Kohleschwämme dienen nur zur Beseitigung von Schadstoffen oder Medikamenten.


Oder?
Andreas
 
FKS schrieb:
ich wüsste jetzt nicht wo in einem klassischen Außenfilter eine anaerobe Zone auftreten sollte...
Laut Christian dort:
Es gibt auf allen Flächen diesen Biofilm. Der ist so dünn wie die Kahmhaut, nur Bruchteile eines Millimeters. Dennoch besteht er aus mehreren Schichten.
Die unteren seinen Schichten, seiner Zellegen, werden durch die oberen von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten und enthalten daher die anaeroben Bakterien.

Andreas
 

Starmbi

Mitglied
Hallo!

Nochmal:
Starmbi schrieb:
Ja, anaerobe Bereiche gibt es in jedem Filter, aber die Wirkung ist zu vernachlässigen.
Ob es anaerobe Zonen gibt ist doch unwichtig!

Es geht doch darum ob man in einem normalen Filter Nitrat abbauen kann oder nicht!
Und das geht eben nicht!

Um Nitrat abzubauen brauchst Du erst mal eine anaerobe Zone und eine Kohlenstoffquelle.
Der Kohlenstoff wird aber meist bereits in der aeroben Zone verbraucht, so daß selbst wenm es anaerobe Zonen gäbe, kein Nitrat abgebaut werden kann.

Außerdem ist das selektive Entfernen eines Stoffes meist sogar schlecht:

Als Endprodukt der Nahrungskette fällt Nitrat und Phosphat an.
Du entfernst Nitrat und lässt das Phosphat im Wasser. Dieses Ungleichgewicht begünstigt evtl. Algenwachstum, den Du mit der Nitratfilterung eigentlich beseitigen wolltest.
Dann lieber Wasserwechel, oder für ein gutes Fisch/Pflanzen-Gleichgewicht sorgen.

Es gibt Filter auf Ionentauscherbasis, die Nitrat entfernen können, aber mit den diversen Wunder-Filtern schafft man sich meist mehr Probleme, als man löst.

Ob in einem Filter Nitrat abgebaut wird, kann man ja messen!
Einfach den Nitratgehalt vor und nach dem Filter vergleichen. Am besten mit einem Photometer.
Ich habe nie was gesehen.

Gruß
Stefan
 

fischolli

R.I.P.
Moin,

mal abgesehen von den technischen Erklärungen: Es ist nicht sinnvoll, den Nitratgehalt auf 0 zu stellen. Pflanzen können bei fehlendem Nitrat auch das Phosphat nicht verwerten. Das führt dann ggfs. zu hohen PO4-Werten, die wiederum das Algenwachstum fördern.

Gruß
 
AME schrieb:
FKS schrieb:
ich wüsste jetzt nicht wo in einem klassischen Außenfilter eine anaerobe Zone auftreten sollte...
Laut Christian dort:
Es gibt auf allen Flächen diesen Biofilm. Der ist so dünn wie die Kahmhaut, nur Bruchteile eines Millimeters. Dennoch besteht er aus mehreren Schichten.
Die unteren seinen Schichten, seiner Zellegen, werden durch die oberen von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten und enthalten daher die anaeroben Bakterien.
Achso. Ok. Ich dachte du sprichst von großen, anaeroben Zonen im Filter selber... weil das wäre fatal.
 
Starmbi schrieb:
Um Nitrat abzubauen brauchst Du erst mal eine anaerobe Zone und eine Kohlenstoffquelle.
Der Kohlenstoff wird aber meist bereits in der aeroben Zone verbraucht, so daß selbst wenm es anaerobe Zonen gäbe, kein Nitrat abgebaut werden kann.
Okay, da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Vom Nitratabbau in Filtern hatte ich im Zusammenhang mit bestimmten Becken (irgendwelche exotischen Seewasser-Geschichten ??) gelesen, ich glaube in dem Wodka-Text. Das betrifft also nur wenige Spezialfälle.

In einem "normalen" Feld-, Wald-, Wiesenbecken sorgt man am besten von vornherein für ein ausgewogenes Verhältnis von Tieren und Pflanzen bzw. einen passenden Nährstoffeintrag, statt am Ende der Nahrungskette Fehler an deren Anfang auszubügeln (Und ja, Liebigs Gesetz des minimalen Nährstoffs ist mir aus dem Bio-LK noch bekannt ;-))

Da der Hersteller meines Filters in seinen Flyern vom Nitratabbau im erwähnten blauen unteren Schaumstoff spricht hatte ich vermutet, er wolle bei diesen typischen Anfängersets auf Nummer sicher gehen und dem Laien der sein Wasser wahrscheinlich nie wechselt gleich eine "Nitratversicherung" mit einbauen, analog zu dem angeblich Nitrit abbauenden grünen Schaumstoff des ersten Filterteils. Wie ich mittlerweile weiss, wird das ohne Kohlenstoffquelle nichts.

Entweder muss dazu aber die erste Filterstufe noch genügend C-Quellen übrig lassen oder der Hersteller hat vergessen, dem Kunden eine Flasche Gorbatschow mit in den Karton zu tun.

Ich werde mich beschweren,
Andreas


(Auf seinem Karton wird der blaue Schwamms übrigens deutlich "für die anaerobe Zone" beworben)
 
Natürlich verbreite ich hier letztlich auch nur angelesenes Wissen. Erfahrungen sind da ja eher relatv schwierig zu machen, schon weil es an einem sinnvoller Versuchsaufbau beim Heimaquarianer fehlt, fehlen muss.

Die Nitatabbauenden Bakterien brauchen natürlich noch mehr als das Fehlen von Sauerstoff und das Vorhandensein von Nitrat.
Ich mache gerade einen Langzeitversuch mit entsprechenden Substraten aus dem Handel, die den optimalen Nährboden bilden sollen. Langzeit bedeutet Monate.

Das Ziel ist hierbei nicht ein Nitratwert von Null, sondern die Stabilisierung auf niedrigem Niveau.

Hintergrund ist die Einrichtung eines relativ großen Beckens, bei dem ich die erforderlichen Wasserwechsel minimieren, ein möglichst stabiles System erreichen will. Zugegeben, es ist ein wenig die Idee des modernisierten Altwasseraquariums.

Zur Zeit bin ich noch tief in der Planungs und Vorbereitingsphase. Anfang/Mitte September wird es vermutlich Ernst.

Zum Thema Biofilm finde ich als Einstieg dieses interessant: http://www.igb.fraunhofer.de/de/kompetenzen/umweltbiotechnologie/grenzflaechenbiologie/biofilme.html
 

fischolli

R.I.P.
Moin,

wenig Nitrat bedingt ja wohl wenig Nitrit. Dazu gehört dann ggfs. noch eine üppige Bepflanzung, die das Nitrat dann abbaut. Das heißt dann dichte Bepflanzung mit moderatem Besatz. Was du da gross an Filtermaterial testen willst, erschliesst sich mir nicht.

Gruß
 
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